Mit Urteil vom 22.05.2019 (Aktenzeichen VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/17) hat sich der Bundesgerichtshof zur Abwägung der gegenseitigen Interessen von Mieter und Vermieter bei einer sogenannten Eigenbedarfskündigung geäußert. Vor allem in Großstädten nehmen Eigenbedarfskündigungen aufgrund des knappen Wohnraums stark zu, weshalb der BGH in seinen Urteilen Vorgaben an die Gerichte zur Prüfung des Eigenbedarfs gemacht hat.

Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung

Grundsätzlich sind die Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB relativ gering. Danach darf der Vermieter ordentlich kündigen, wenn er das Mietobjekt für sich oder Familienangehörige benötigt. Lediglich in sogenannten Härtefällen kann der Mieter Einwände dagegen erheben.

Im ersten Fall, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, lebte der Mieter seit 1974 in einer 3-Zimmer-Wohnung in Berlin. Der Eigenbedarfskündigung hat der Mieter widersprochen, da ihm aufgrund der Verwurzelung in der Umgebung durch die lange Mietdauer und eine Demenzerkrankung, die sich durch den Umzug weiter zu verschlechtern drohe, nicht zumutbar sei. Über die fortschreitende Demenzerkrankung wurde ein entsprechendes ärztliches Attest vorgelegt.

Im zweiten Fall wurden ebenfalls Härtefallgründe vorgetragen und eine Fortsetzung des gekündigten Mietvertrags beantragt. Dabei wurde auf die zur Pflegestufe 2 führende Erkrankung eines der Mieter hingewiesen. Auch hier wurde ein Attest zum Nachweis vorgelegt, das ein Zwangsumzug zu einer deutlichen Gesundheitsverschlechterung führen würde.

Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof beide Berufungsentscheidungen aufgehoben und zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen.

Genaue Prüfung der Eigenbedarfskündigung

Die Richter des Bundesgerichtshofs weisen sehr deutlich darauf hin, dass bei Eigenbedarfskündigungen der umfassenden Sachverhaltsaufklärung und einer sorgfältigen Abwägung der Interessen der Mieter und Vermieter eine besondere Bedeutung beizumessen ist.

Es gebe insofern keine pauschalen Grenzen für ein bestimmtes Alter oder eine bestimmte Mietdauer, die einen Härtefall darstellen würden. Vielmehr müssten die Faktoren berücksichtigt werden bei einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung. Hier ist – so die Richter – gegebenenfalls eine Beweisaufnahme durchzuführen; eine Entscheidung nach Aktenlage ist insoweit nicht ausreichend.

Die Richter halten insoweit die Vorlage eines ärztlichen Attestes für nicht ausreichend, sondern gehen davon aus, dass das zuständige Gericht im Regelfall ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen habe. Nur ein solches Gutachten sei geeignet, die vorliegenden Erkrankungen und gegebenenfalls auftretende Umzugsfolgen aufzuklären.

Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass sowohl für die Frage, ob eine Eigenbedarfskündigung zulässig ist als auch für die Prüfung, ob ein Widerspruch gegen die ausgesprochene Kündigung Erfolg haben wird, eine umfassende Sachverhaltsaufklärung und Abwägung im Einzelfall zu erfolgen hat.

Gerne stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen im Bereich der Eigenbedarfskündigung zur Verfügung.