Zum 01.08.2022 sind Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG) in Kraft getreten. Diese Änderungen bringen Handlungsbedarf für alle Arbeitgeber mit sich. Insbesondere müssen die verwendeten Arbeitsvertragsmuster auf Anpassungsbedarf geprüft werden.

Das NachwG existiert bereits seit 1995 und verpflichtet den Arbeitgeber dazu, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und die unterzeichnete Niederschrift dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Die Nichteinhaltung der Vorgaben des NachwG hatte bislang jedoch keine Konsequenz. Im Übrigen war es auch so, dass die als wesentlich definierten Vertragsbedingungen in den gängigen Arbeitsverträgen enthalten waren und somit den Vorgaben des NachwG genüge getan wurde.

Mit der Neufassung wird der Katalog der Arbeitsbedingungen, über die ein schriftlicher Nachweis erteilt werden muss, deutlich erweitert. Hinzu kommt, dass die Verletzung der Verpflichtungen aus dem NachwG durch den Arbeitgeber nun sanktioniert ist. Jeder Verstoß kann mit einem Bußgeld von bis zu € 2.000,00 geahndet werden.

1. Erweiterte Nachweispflichten im Arbeitsrecht

Der Umfang der Nachweispflicht bei einem Arbeitsverhältnis ist weiterhin in § 2 Abs. 1 NachwG geregelt. Dabei wurde der Katalog der Vertragsbedingungen, über die mindestens aufzuklären ist, erweitert. Dieser in § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG enthaltene Katalog umfasst nunmehr folgende Punkte (Änderungen sind hervorgehoben):

1. Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2. Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
3. bei befristeten Arbeitsverhältnissen: Enddatum oder vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
4. Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann,
5. kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
6. sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
7. Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
8. vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
9. bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
a) die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
b) die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
c) der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
d) die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
10. sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
11. Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
12. etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
13. wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
14. das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden,
15. in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen

2. Übergangsregelung

Die Neuregelung erfasst alle Arbeitsverhältnisse, die ab dem 01.08.2022 begonnen haben. Dabei ist nicht der Tag des Vertragsschlusses maßgeblich, sondern der Vertragsbeginn. Die Neuregelung erfasst somit auch Arbeitsverhältnisse, die durch einen vor dem 01.08.2022 geschlossenen Vertrag begründet wurden, der jedoch als Vertragsbeginn den 01.08.2022 oder einen späteren Zeitpunkt vorsieht.

Für Arbeitsverhältnisse, die am 01.08.2022 bereits bestanden haben besteht für den Arbeitgeber zunächst keine Verpflichtung, den erweiterten Vorgaben des NachwG nachzukommen. Allerdings muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers die erweiterten Nachweispflichten erfüllen. Hierfür gilt eine kurze Frist von sieben Tage für die Angaben gem. § 2 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 bis 10 NachwG und für die weiteren Pflichtangaben eine Frist von einem Monat.

3. Formvorschriften

Trotz erheblicher Kritik im Gesetzgebungsprozess hat der Gesetzgeber an dem strengen Schriftformerfordernis festgehalten. Das bedeutet, dass die Pflichten aus dem NachwG nur durch ein im Original zu übergebendes und mit eigenhändiger Unterschrift des Arbeitgebers bzw. einer vertretungsberechtigten Person versehenes Schriftstück erfüllt werden kann. Eine Unterrichtung in Textform, z. B. durch elektronisch zur Verfügung gestellte Dokumente, genügt nicht. Das sorgt im Zeitalter der Digitalisierung berechtigt für großes Unverständnis und Verärgerung über den damit verbundenen erheblichen Arbeitsaufwand.

Grundsätzlich können die Nachweispflichten unverändert durch Aufnahme der entsprechenden Inhalte in den Arbeitsvertrag erfüllt werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass der Arbeitgeber sich nicht durch Aufnahme von gesetzlichen Regelungen in den Arbeitsvertrag seiner Anordnungsbefugnis auf der Grundlage des Direktionsrechtes gem. § 106 GewO begibt. Daher erscheint es sinnvoll, nicht einfach alle nach dem NachwG erforderlichen Informationen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Vielmehr sollte die Informationsverpflichtung im Rahmen eines gesonderten Dokumentes, das als Anlage zum Arbeitsvertrag genommen wird, erfüllt werden. In dieses Dokument können die nachweispflichtigen Inhalte als reine Wissenserklärung und somit ohne rechtsgeschäftliche Bindungswirkung aufgenommen werden. Somit sollte sicher zu stellen sein, dass der Arbeitgeber seine Anordnungsbefugnis aus seinem Direktionsrecht uneingeschränkt behält.

4. Kritische Angaben

Bei allen Informationsgegenständen, bei denen sich der Arbeitgeber Flexibilität erhalten will, ist besonderes Augenmerk auf die Formulierung der Unterrichtung zu legen. Das betrifft insbesondere die Themen Arbeitsort, Überstunden sowie Lage der Arbeitszeit und Schichtarbeit. Hier erscheint die Aufnahme eines Hinweises auf das arbeitgeberseitige Direktionsrecht sinnvoll.

Hinsichtlich der erforderlichen Aufklärung zu Ruhepausen wird kontrovers diskutiert, ob nur über in Arbeitsvertrag/Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag vereinbarte Ruhepausen aufzuklären ist, wie es der Wortlaut des Gesetzes nahelegt, oder auch über die arbeitszeitrechtlich vorgeschriebenen (gesetzlichen) Ruhepausen. Die Gesetzesbegründung spricht dafür, dass nur vereinbarte Ruhepausen gemeint sein sollen und somit keine Aufklärung über die gesetzlichen Regelungen erfolgen muss.

Heftig kritisiert wird die Regelung zur Information über das bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses einzuhaltende Verfahren. Abgesehen, von dem im Gesetzestext hierzu festgelegten Mindestanforderungen ist völlig offen, in welcher Tiefe hier eine Aufklärung gefordert wird, z.B. betreffend die Themen Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte u.a., Betriebsratsanhörung etc. Unsere Empfehlung lautet, sich hier zunächst auf die gesetzlich definierten Mindestangaben zu beschränken. Zugleich wird man die Entwicklung der Rechtsprechung zu diesem Thema im Auge behalten müssen, um darauf reagieren zu können.

Bei Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit mit unserem erfahrenen Arbeitsrecht-Team zur Seite!