Nachdem der Bundestag das Gesetz gegen den Abmahnmissbrauch am 10.09.2020 beschlossen hat und auch der Bundesrat am 09.10.2020 seinen Segen erteilt hat, ist das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ nunmehr in Kraft getreten. Das neue Gesetz finden Sie hier.

Mit dem neuen Gesetz soll ein deutlich verbesserter Schutz gegen missbräuchliche Abmahnungen geschaffen werden. Gänzlich verboten sind Abmahnungen damit aber nicht.  Der Ausspruch von Abmahnungen ist auch in Zukunft weiterhin zulässig und auch die abmahnfähigen Verstöße werden durch das neue Gesetz nicht eingeschränkt.

Die wichtigsten Änderungen gegen den Abmahnmissbrauch

Nachgehend finden Sie eine kurze Zusammenstellung der wichtigsten Änderungen:

  1. Den sog. „fliegenden Gerichtsstand“ im Online-Handel nach § 14 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gibt es nicht mehr. Zukünftig wird bei Klagen nach dem UWG grundsätzlich immer das Gericht am Wohnsitz des Beklagten zuständig sein.
  2. Im Falle einer unberechtigten Abmahnung steht dem Abgemahnten ggf. ein Gegenanspruch gegen den Abmahnenden zu. Der Gegenanspruch ist der Höhe nach aber auf den Betrag des vom Abmahnenden geltend gemachten Aufwendungsanspruchs begrenzt. Eine missbräuchliche Abmahnung liegt nach dem neuen Gesetz bspw. vor, die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen oder ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt.
  3. Bestehen im Klageverfahren Zweifel daran, ob die Abmahnung tatsächlich rechtsmissbräuchlich war, soll sich dies anhand von bestimmten Fallgruppen zum Vorteil des Abgemahnten auswirken. So sei ein Rechtsmissbrauch etwa anzunehmen, wenn die Vertragsstrafe offenkundig überhöht ist.
  4. Mitbewerber und eingetragene Wirtschaftsverbände sind nicht mehr ohne Weiteres anspruchsberechtigt.

Bei einer Abmahnung durch Mitbewerber ist künftig Voraussetzung, dass diese tatsächlich geschäftlich tätig sein müssen. Darüber hinaus ist weiterhin notwendig, dass die Mitbewerber in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder erwerben.

Die Anspruchsvoraussetzungen für eingetragene Wirtschaftsverbände wurden ebenfalls deutlich verschärft. Diese sind nach dem neuen Gesetz zum Ausspruch von Abmahnungen nur noch berechtigt, wenn sie so genannte qualifizierte Wirtschaftsverbände sind. Hierfür müssen die Wirtschaftsverbände die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie müssen einen erheblichen Anteil von Unternehmen auf dem jeweils spezifischen Markt repräsentieren.
  • Die satzungsgemäße Aufgabe des Vereins muss die Verfolgung und Förderung gewerblicher und selbständiger beruflicher Interessen, sowie die  Beratung und Information zu Fragen des unlauteren Wettbewerbs sein.
  • Die genannten Aufgaben muss der Verein auch seit mindestens einem Jahr ausgeübt haben.
  • Der Wirtschaftsverband muss mindestens 75 Unternehmen als Mitglieder aufweisen.
  •  Die dauerhaft wirksame und sachgerechte Fortführung dieser satzungsgemäßen Aufgaben muss gesichert sein.
  • Mitglieder des Vereins dürfen keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen erhalten
  • Die für den Verein tätigen Personen dürfen keine unangemessen hohe Vergütung oder andere Zuwendungen erhalten.

Für sämtliche Voraussetzungen trägt der Abmahnende Wirtschaftsverband die Beweislast, sodass er im Streitfall entsprechende Nachweise beibringen muss. Gerade diese Änderungen sollen einen Riegel vor den Abmahnungsmissbrauch schieben.

-> Das neue Gesetz macht es nunmehr zur Pflicht, unter anderem den Abmahnenden in der Abmahnung zu benennen.

Ausblick

Grundsätzlich ist das neue Gesetz gegen den Abmahnmissbrauch mit seinen strengeren Regelungen zu begrüßen. Viele Verbände und Mitbewerber missbrauchen die Möglichkeit der Abmahnung ganz bewusst und haben sich durch diese Vorgehensweise eine durchaus lukrative Einnahmequelle geschaffen. Es ist teilweise nicht unüblich, dass Webseiten von Online-Händlern methodisch auf Rechtsverstöße hin untersucht werden. Einen solchen systematischen und gezielten Missbrauch könnte das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in Zukunft verhindern.

Ob das Gesetz am Ende aber tatsächlich den erhofften Effekt bringt, rechtsmissbräuchliche Abmahnungen effektiv und weitreichend einzudämmen, bleibt trotz allen Optimismus abzuwarten. Denn das Gesetz bietet mit seinen unbestimmten Rechtsbegriffen durchaus eine Angriffsfläche, was deren Auslegung betrifft. Hier können letztendlich nur die Gerichte für klare Verhältnisse sorgen.